Die Kinogeschichte

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Die Geschichte des Kinos liegt noch gar nicht so lange zurück. Sie beginnt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Und während jeder die Gebrüder Lumière und ihre Entdeckung kennt, weiß nicht jeder von den Vorführungen auf Jahrmärkten – eine der ersten Formen, in denen sich das Kino manifestierte. Aber es war nicht immer alles eitel Sonnenschein: In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich das Kino zu einer anerkannten künstlerischen und gesellschaftlichen Institution, doch am Ende des Jahrhunderts erlitt es einen tiefen Einbruch, der zum Teil auf das Fernsehen zurückzuführen war. In der Zwischenzeit gewann das Kino durch eine Reihe von Maßnahmen wieder an Popularität. Welche das sind, erfahren Sie im Folgenden.

Erste Anfänge

Erste Anfänge – und zugleich Startpunkt – des Kinos waren die auf Jahrmärkten und in den Städten häufig anzutreffenden Jahrmarktbuden und Kuriositätenkabinett. Dort wurden seit eh und je neben einer ganzen Reihe von Merkwürdigkeiten auch optische Trugbilder zur Schau gestellt. Sehr begehrt und verbreitet waren z.B. Stereoskope, die dem Betrachter dreidimensionale Bilder vorführten. Der deutsche Geschäftsmann August Fuhrmann war hier mit seinem 1880 vorgestellten “System Kaiserpanorama” ein wahrer Erfolg.

1893 stellte der Erfinder Thomas Alva Edison das von seinem Oberingenieur William Kennedy Laurie Dickson erfundene Kinetoskop vor – eine Vitrine, in der ein Zuschauer Kurzfilme anschauen durfte. Noch bevor der Cinématograph der Gesellschaft Lumière die USA erreichte, verbreitete sich diese Erfindung in den Vereinigten Staaten. Mit der Technik der Brüder Lumière war sowohl die Aufnahme als auch die Wiedergabe von Filmen möglich. In den USA entwickelte Thomas Armat – noch vor den Lumière-Brüdern – einen Filmprojektor, der den Zuschauer vom Guckkasten befreite und ein gemeinsames Filmerlebnis ermöglichte.

Stummfilm-Ära

Die ersten Vorführungen von Filmen für ein bezahlendes Filmpublikum wurden 1895 veranstaltet:

  1. ab 20. Mai für einige Zeit in New York in einem speziell zu diesem Zweck eingerichteten Saal von der Familie Latham (Vater Woodville Latham und Söhne Otway und Gray),
  2. ab 1. November für die Dauer eines Monates im Berliner „Wintergarten“ durch die Brüder Skladanowsky als Abschlußnummer eines Varieté-Vorstellungprogramms und
  3. ab 28. Dezember – mit dem stärksten Effekt auf die Filmhistorie – für ein Jahr lang in einem extra hierfür geschaffenen Raum („Salon Indien“ des inzwischen nicht mehr bestehenden „Grand Café“) am Pariser Boulevard des Capucines von den Brüdern Lumière. Der Eintrittspreis für die erstmalige Aufführung in der Öffentlichkeit war ein Franc; die geladene Journalistenprominenz blieb fern. Den 33 Besuchern, darunter Georges Méliès, wurden zunächst zehn kurze Filme mit einer Dauer von etwa 20 Minuten präsentiert, angefangen mit “Arbeitern verlassen die Lumière-Fabrik”.
  4. Am 20. März 1896 erfolgte die erste öffentliche Filmvorführung in der Wiener Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie und Reproduktionsverfahren mit dem Lumièreschen Kinematographen vor eingeladenen Publikum.

Die alleinigen Verwertungsrechte für den Lumièreschen Kinematographen in Deutschland sicherte sich der Kölner Schokoladenfabrikant Ludwig Stollwerck.

Am 16. April 1896 fand die erste Vorführung vor Werksangehörigen in der Werkskantine statt, bereits vier Tage später folgte die erste Filmvorführung für die Kölner Öffentlichkeit.

Die „bewegten Bilder“ (oft als „lebendige Fotografie“ betitelt) waren die neue Anziehungskraft in den Jahrmärkten und Kuriositätenkabinett,wie das neue Format damals oft genannt wurde. Die Gebrüder Lumière zogen um 1896 mit dem „Réversible“, dem Filmapparat, der zugleich abspielen und aufnehmen konnte, in die großen Weltstädte und priesen ihr Gerät an. Viele Kinobesitzer und andere Geschäftsleute erwarben das Filmvorführgerät. Um mit dem Cinématographe der Gebrüder Lumière zu konkurrieren, erwarb Edison 1896 die Projektausführung des Armats und fertigte ihn unter dem Markennamen Vitascope an. Auch die Erfinder und Unternehmer Max und Emil Skladanowsky und William K. L. Dickson entwarfen Filmgeräte, doch ihre Filmkameras und Filmprojektoren wurden nicht so schnell populär wie der Cinématographe.

Zunächst wurden Alltagsszenen oder nachgespielte Scherze aufgenommen und vorgeführt. Die Filmaufnahmen waren schwarzweiß, stumm und hatten eine Bildgröße von 18 × 24 mm, also ein Verhältnis von 3 zu 4 auf dem kinetoskopischen Film. Die Gebrüder Lumière nutzten ein Seitenverhältnis von 4 zu 5. Anfangs wurden 15 bis 20 Bilder pro Sekunde aufgezeichnet und projiziert. Mit dem Tonfilm erhöhte sich die Bildfrequenz auf 30 und mehr Bilder in der Sekunde. Auch Gasthöfe und Hotelbetriebe waren Orte der Filmprojektion. Teilweise wurden geeignete Säle für diesen Anlass fest eingerichtet. Andererseits wurden sie, insbesondere in ländlichen und kleinstädtischen Gebieten, nur sporadisch für Filmprojektionen eingesetzt, z.B. wenn Wanderkinos zu einem Gastspiel auftraten. Diese reisten von Dorf zu Dorf und die Filme dauerten selten länger als eine Minute.

Das erste Lichtspieltheater

Ab der Jahrhundertwende wurde das Filmwesen von immer mehr Menschen als eine dauerhafte Einrichtung betrachtet. Es entstanden Kinos, also Lokale, die in der Hauptsache der geregelten Filmvorführung gewidmet waren. Zunächst fanden in den Städten unregelmäßige Filmprojektionen in Gaststätten und deren Sälen statt. Dazu gab es den Verleih von Kinematographen. Nach und nach wurden die Vorführgeräte an den Orten belassen, an denen die Filmvorführungen regelmäßig stattfanden. Ehemals leerstehende Läden oder verlassene Gebäude wurden zu „Ladenkinos“. Die wachsende Zahl der Filmtheater führte zu Überlegungen, ihre Zahl zu begrenzen, um die Qualität zu sichern. Wirte und Geschäftsleute wurden Kinobetreiber. Das Wachstum der Filmproduktion bediente immer mehr Gattungen, und die ersten Filmstars traten auf den Plan. In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelten sich in den Metropolen Europas und den USA unabhängige Lichtspielhäuser. Diese orientierten sich in ihrer architektonischen Gestaltung und eleganten Dekoration an der Pracht und Einrichtung der damaligen Theater und Opern, und der Kinofilm wurde immer mehr als selbständige Kunst erkannt.

Zu den weltweit ältesten Kinos, die heute noch in Betrieb sind, zählen:

  1. das schwedische Saga das 1906 eröffnet wurde
  2. das Kino Pionier in Stettin ( ab 1945 Szczecin) und das Münchner Gabriel Kinotheater, die beide 1907 ihren Spielbetrieb begannen.

Das dänische Korsør Biograph Theater, ebenfalls 1907 in Betrieb genommen, gilt als das bis heute älteste in Gebrauch gebliebene Lichtspieltheater weltweit. Die ältesten noch in Nutzung stehenden Filmtheater in Deutschland sind nur unwesentlich jünger, es handelt sich um das Burgtheater in Burg (bei Magdeburg) und das Filmtheater Weltspiegel in Cottbus, die beide im Jahr 1911 fertig gebaut wurden.